12.10–15.10.888
Wir stehen mit Marrasch in der Höhle. Die Kinder hocken still in einer Ecke, und die Luft ist schwer von Erwartung. Bis zum Ritual bleibt uns noch Zeit, und so beschließen wir, uns kurz zu trennen. Kira schleicht nach draußen, um nach Schätzen zu suchen, doch sie kehrt mit leeren Händen zurück. Arombolosch bleibt skeptisch und rührt sich keinen Schritt vom Platz – er will bei den Kindern bleiben.
Wir beraten unser weiteres Vorgehen und übergeben den Ring an Klick 4. Schließlich fasse ich einen Entschluss: Gemeinsam mit Johann fahre ich zurück nach Kreuzingen, um mir endlich ein Alchemisten-Set zu besorgen. Während die anderen in der Höhle bleiben, begleitet mich das vertraute Rumpeln der Kutsche. Auf dem Rückweg spähe ich angestrengt nach Kräutern für einen Heiltrank. Ich brauche fünf verschiedene – finde aber nur drei. Die Enttäuschung nagt an mir, doch aufgeben kommt nicht infrage.
Am 14.10. erreiche ich die alte Ruine. Der Wind fegt über die Steine, und zwischen den Ritzen entdecke ich tatsächlich die restlichen Kräuter, die mir fehlen. Es dauert länger, als ich gehofft habe, und so kehre ich erst spät am Abend in die Höhle zurück. Fröhlich begrüße ich die anderen, erleichtert, endlich wieder bei ihnen zu sein.
Kira nimmt mich sofort beiseite und bringt mich auf den neuesten Stand. Sie erzählt, dass Marrasch immer wieder Selbstgespräche führt. Nach einigen missglückten Versuchen ist es ihr schließlich gelungen, ihn zu betören und ihn über sein seltsames Verhalten auszufragen. Die Wahrheit ist ebenso bizarr wie beunruhigend: Marrasch spricht ständig mit einem kleinen Bild – und er behauptet, es antworte ihm. Doch als Kira Weihwasser darüberträufelte, geschah nichts. Kein dämonischer Ursprung, zumindest auf den ersten Blick.
Während ich ihre Worte verarbeite, mache ich mich daran, die gefundenen Kräuter zu einem Heiltrank anzusetzen. Er soll für Kira bestimmt sein, sobald er fertig ist.
15.10.888
Der Morgen bricht an, und ich spüre die Spannung in der Luft. Heute ist es so weit. Mein Herz schlägt schneller, während die anderen ihre Gedanken sammeln – nur Arombolosch wirkt ungerührt und spricht von nichts anderem als Essen. Also gebe ich nach und zaubere uns ein Festmahl. Vielleicht brauchen wir diese Stärkung mehr, als wir es zugeben wollen.
Zwischen dampfenden Tellern erklärt Marrasch seinen Plan: Er will in das Ölbecken steigen, das Gedicht der Heiligen sprechen und den Exorzismus im Riss durchführen. Ernst bittet Arombolosch Heinrich, draußen zu warten und im Notfall sofort mit Johann heimzureiten. Heinrich nickt, sichtlich unwohl, und verlässt die Höhle.
Dann beginnt Marrasch das Ritual. Das Öl im Becken schimmert, kräuselt sich und verwandelt sich schließlich in einen Spiegel. Flammen züngeln daran empor. Mir stockt der Atem. Doch es gibt keinen Weg zurück – und so trete ich mit den anderen hindurch.
Kein Schmerz. Nur Schwärze. Ein endloses Nichts, in dem wir zu schweben scheinen. Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. Ich frage mich, ob die Uhrwerke überhaupt etwas fühlen können. Arombolosch wirkt angespannt, seine Augen blitzen unruhig.
Dann formt sich ein Schatten vor uns, menschenähnlich, flüsternd in einer fremden, schneidenden Sprache. Ihm gegenüber erscheint ein zweiter Schatten, der ein Licht trägt. Eine sanfte Stimme erklingt:
„Ich bin Alara. Die Nadel im Gewebe, das Feuer in der Glut. Dreimal müsst ihr standhalten.“
Die Worte klingen nach, als sich der Nebel verdichtet und sieben skelettartige Gestalten auf uns zukommen. Marrasch erstarrt vor Schock, unfähig, sich zu bewegen. Ein Stich der Panik fährt mir durch die Glieder – er wird uns in diesem Kampf nicht helfen können.
Die Kreaturen stürmen heran, und der erste Schlagabtausch ist vorbei, bevor ich begreifen kann, was geschieht. Zu schnell. Zu glatt. Argwöhnisch mustere ich die Finsternis um uns, die jede Sekunde neue Schrecken gebären könnte.
Da wird mir klar: Das war nur die erste Prüfung. Zwei weitere werden folgen – und wir müssen sie alle überstehen.
Fortsetzung folgt…